Nach nun über einem halben Jahr mit Corona in Deutschland ist es an der Zeit, die Situation in unserem Sportverein, in unserer Kung-Fu-Abteilung, zu resümieren.
Leider waren auch wir von den erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen wegen Corona betroffen, und wir mussten unseren Sportbetrieb in den ersten Monaten komplett einstellen. Zwar war dann später in der zweiten Phase des Shutdowns auch Individualsport mit haushaltsfremden Personen gestattet, aber Körperkontakt bzw. Nähe unter 1,5m Abstand war zu der Zeit noch komplett untersagt, was für uns als Kampfsportabteilung sportartspezifisches Techniktraining und Sparring ausschloss. Erst jetzt in der dritten Phase, seit wir in festen Trainingsgruppen auch wieder in direktem Kontakt üben können und auch viele Berliner Sporthallen, so auch unsere, unter Berücksichtigung der jeweiligen Hygienevorschriften genutzt werden dürfen, kann man wieder von einem einigermaßen »normalen« Trainingsbetrieb sprechen.
Nur leider stehen wir Trainer nunmehr mit wesentlich weniger Mittrainierenden in den Sporthallen. Wodurch ist das zu erklären und vor allem, wie können wir das evtl. wieder ändern?
In der ersten Phase waren sicher die meisten, wie auch wir, mit der privaten Alltagsorganisation beschäftigt und hatten keinen freien Gedanken oder entsprechende freie Zeit für sportliche Betätigung. Anders als beim Individualsport, bei dem sich die Sport treibende Person selber zum Sport motiviert, sind die Teilnehmenden beim Vereinssport stärker an die Motivation und die Ansprache der Trainer*innen und Übungsleiter*innen gewöhnt und brauchen diese in der Regel auch zur Überwindung des inneren Schweinehundes. Mit der Verfestigung der neuen Alltagsstruktur ohne den regelmäßigen Vereinssport wird bei vielen die Überwindung des Tag um Tag stärker werdenden inneren Schweinehundes mit der Dauer der sportlichen Abstinenz aber immer schwerer. Auch findet eine Neu-Priorisierung von Gemeinschaftssport unter Abwägung des Infektionsrisikos statt.
In der zweiten Phase trainierten nun unsere Trainer abwechselnd einzeln mit unseren Schüler*innen im Rahmen des Individualsports noch ohne Kontakt (1,5m Abstand) und in unserem Fall ohne zur Verfügung stehende Trainingshalle. Es zeigte sich in dieser Phase deutlich, dass einigen in der ersten Phase die nötige Motivation für sportliche Betätigung abhanden gekommen ist. Damit einher ging in der zweiten Phase auch eine individuelle Umstrukturierung des Alltags vor allem wegen berufsbedingter Veränderung durch Corona, sei es Home Office mit anderen Arbeitszeiten oder gänzlich neuen Arbeitsstellen und damit einhergehend neuen Arbeitszeiten. Folglich haben seither noch weniger unserer Schüler*innen Zeit zum Trainieren gefunden.
Seitdem wir nun wieder in der Halle trainieren, ist uns leider nur eine Handvoll Schüler*innen geblieben. Wir stellen fest, dass sich bei vielen die Arbeitszeiten bis weit in den Abend nach 20 Uhr verschoben haben. Da uns aber feste Hallenzeiten vorgegeben sind, können wir unser Trainingsangebot nicht entsprechend anpassen.
Viel bleibt uns in dieser Konstellation leider nicht an Möglichkeiten, auf die veränderten Gegebenheiten zu reagieren, um wieder mit mehreren gemeinsam trainieren zu können. Wahrscheinlich müssen wir unser Angebot zielgenauer an Student*innen herantragen und diese für unser Kung-Fu-Training interessieren, da bei dieser Zielgruppe eher damit zu rechnen ist, dass sie unsere Trainingszeiten nutzen können.
Dennoch hoffen wir, dass sich für unsere bisherigen Schüler*innen der Alltag derart gestaltet, dass ihnen wieder Zeit für Sport bleibt und wir bald wieder mit ihnen trainieren können.
geschrieben von Jens Rogosch