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Kung-Fu - Kampfkunst - Kampfsport

Seite 4 von 7: Kampfkunst - Kampfsport

Kampfkunst – Kampfsport

Historisch entstanden die Kampfkünste sowohl aus kriegerischen Auseinandersetzungen als auch, um sich gegen bewaffnete oder unbewaffnete Verbrecher zu verteidigen. Losgelöst davon haben sich die verschiedenen Kampfkunsttrainierenden aber auch immer schon miteinander gemessen.

In China entwickelte sich ab dem 3. Jhd. mit dem Jiǎo Li 角力 das erste mit unterschiedlichen Regeln ausgestaltete wettkampforientierte Sparring, das Wurftechniken (摔, shuāi), Schläge (打, dǎ), Fußtritte (踢, tī) und Hebeltechniken (拿, ná) beinhaltete. Die praktische Anwendbarkeit und das Trainieren des Kämpfens waren ursprünglich das Hauptaugenmerk der Kampfkünste. Daneben gab es aber schon von Anfang an auch einen spirituellen Ansatz zur Ausübung von Kampfkünsten, um durch Bewegungs- und Konzentrationsübungen die Meditation zu verbessern oder in speziellen Bewegungen (Qi Gong) selbst zu meditieren.

Erst in der Song-Dynastie (10.-13. Jhd.) löst sich das Hauptaugenmerk vom Kämpfen und die Kampfkünste werden auch zur Freude und aus gesundheitlichen Gründen ausgeübt. Gleichzeitig kommt es auch zu den ersten Wettkämpfen auf Tribünen (Leitai) sowie Vorführungen von Kampfkünstlern für Geld.

Folglich war der Kampfsport ursprünglich ein Teil der Kampfkünste bzw. ging aus ihnen hervor. Über die folgenden Jahrhunderte entwickelten sich nicht nur weitere Kampfstile, sondern es entstanden eine Vielzahl an Kampfsportarten mit unterschiedlichsten Regelwerken. Auch wurden verschiedenen Kampftechniken in den Regelwerken ausgenommen oder fokussierten nur auf bestimmte Kampfdistanzen (z.B. nur Bodenkampf, nur Handtechniken, nur Würfe, oder Kombinationen davon, etc.).

In China werden spätestens mit dem entstehen erster Sportvereine im 18. Jhd. einige Kampfkünste nur noch als Kampfsport ausgeübt. Ein Aufblühen erlebten die Kampfkünste mit dem Entstehen der Republik China 1912. Ab da kam es zu einem regen Austausch und auch zu Kämpfen mit ausländischen Meistern. Auch wurde im Bereich der Kampfkünste wissenschaftliche Forschung etabliert. Bei dieser staatlichen „Wiederentdeckung“ der traditionellen Kampfkünste wurden sie jedoch durch den damaligen Nationalismus mystisch und kulturell aufgeladen. Seinerzeit wurde das Wushu auch als Gúoshù (國術 / 国术 – „Nationale Kunst“) oder als Volksschatz bezeichnet.

Dieses mystisch verklärte Image übernahm Hollywood dankend und so entstand auch im Westen ein überzeichnetes Bild der chinesischen Kampfkünste, auf dem sich viele damalige chinesische Meister beim Unterricht der interessierten Westler ausruhten und sich das Lehren gut bezahlen ließen. Zum Großteil ging hierbei der Fokus auf das Kämpfen verloren, da den Westlern meistens nur verschiedene Kung-Fu-Formen gezeigt wurden, nicht jedoch die vielen Anwendungen der Techniken in den Formen. Dementsprechend geriet das Kämpfen als Teil der Kampfkünste auch im Westen mehr in den Hintergrund.

Aber auch in China selbst trat das praktische Kämpfen mehr in den Hintergrund, als in den 1950er Jahren Mao Zedong an die Macht kam und die Regierung der Volksrepublik China einen offiziellen Wushu Sportverband gründete. Mit der 1959 offiziellen Anerkennung des modernen Wushu („Modern Wushu“), wurde im gleichen Atemzug aber aber auch die bisherige Trennung der traditionellen Kampfkünste nach Stilen und Systemen aufgehoben und deren Praktizieren verboten. Viele Kung-Fu Meister flüchteten seinerzeit ins Ausland und nur wenige blieben in China und übten die traditionellen Kampfkünste „im geheimen“, hinter verschlossenen Türen (closed doors) aus.

Bei der Entwicklung eines Kanons für das moderne Wushu und bei deren Zusammenstellung der modernen „Standardformen“ wurde vor allem auf Aspekte der Publikumswirksamkeit (akrobatische Elemente), Körperbeherrschung und Dynamik geachtet. Die Anwendbarkeit in der Selbstverteidigung oder im Kampf sowie die in den traditionellen Kampfkünsten häufig wichtigen Elemente der Meditation, Qi Gong und philosophische oder religiöse Bezüge wurden vernachlässigt. Der Kampf in den Kampfkünsten trat also zu Gunsten des Showeffekts in den Hintergrund.

Erst mit dem Ende des maoistischen Regimes (1975) war die Praxis der traditionellen chinesischen Kampfkunst wieder erlaubt.

In den traditionellen Familienstilen ging die Ausrichtung auf den praktischen Kampf weniger stark verloren, so dass es zwischen den ursprünglichen Kampfkünsten und dem modernen Wushu über die kommenden Jahrzehnte zu einem deutlichem Bruch kam.

Erst im letzten Jahrzehnt wird auch in China die verlorengegangene Kampffertigkeit in den Kampfkünsten wahrgenommen und wieder als maßgeblicher Kampfkunstaspekt trainiert.

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